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Facebook - Spy and Sell

Facebook - Spy and Sell

(Foto von Pixabay)

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Am Anfang war auch bei mir die Neugier groß auf das, was in facebook so geht. Und wen fand ich damals zu meiner Verwunderung alles auf facebook!

Dann kamen meine ersten Gehversuche und Experimente, mich mit Menschen, die ich nur sehr oberflächlich kannte, zu "befreunden". Seltsam war das dann schon, als mir komplett unbekannte Menschen Freundschaftsanfragen sandten, die ich dann wie selbstverständlich annahm.

In dieser Zeit war ich oft mit unseren Hunden unterwegs, und so ergaben sich Hundegeschichten mit Fotos dazu. Diese dann auf Facebook zu stellen, war ein spannendes Erlebnis, denn es galt zu beobachten, was dann damit passieren würde. Die Geschichten wurden "geteilt" und "geliked", Kommentare wurden geschrieben, manche nett, viele nichtssagend, andere unfreundlich und beleidigend.

2013 kam aprioripost.de auf den Plan und der kühne Gedanke, facebook als Multiplikations-Plattform zu nutzen. Gesagt, getan und flux hatte ich auch eine aprioripost-facebook-Seite ausgerollt. Dadurch, dass ich für aprioripost.de ein CMS (DNN) einsetzte, welches automatisch neu erstellte Artikel an meine aprioripost-facebook-Seite weiter gab, gab es plötzlich viele neue BesucherInnen, die sonst möglicherweise den Weg zu aprioripost.de nicht gefunden hätten.

Es funktionierte, und ich war begeistert von facebook; stellte allerdings fast zur gleichen Zeit meine persönlichen Aktivitäten dort ein. Die Zeit verging wie im Flug, und so kam es, dass neue AutorInnen auf aprioripost.de schrieben und auch ihre facebook-Accounts zur Verbreitung ihrer Artikel nutzten.

Dann kamen die ersten Skandale über facebook auf, die mit angeblichen Verbrechen (fake news) von MigrantInnen zu tun hatten. Später kamen rechte Parteien und Gruppierungen mit ihren Seiten dazu, und Hass und Verunglimpfung wurde zum guten Ton auf facebook. Der Brexit wurde von facebook mit beeinflusst und ebenso die Wahlen in den USA und in Europa. Als ich dann über eine Dokumentation erfuhr, dass der IS junge Frauen erfolgreich über facebook dazu gebracht hatte, in den Krieg nach Syrien und den Irak zu ziehen, war für mich das Fass übergelaufen.

Mit einem Unternehmen das sich "sozial" nennt und das gleichzeitig abscheuliche Verbrechen wie die des IS unterstützt, wollte ich dann doch ganz schnell nichts mehr zu tun haben. Es stellte sich allerdings als nicht so einfach heraus, die aprioripost-facebook-Seite zu löschen.

Vertrauen

Wahrscheinlich hat nie jemand Mark Zuckerbergs oft beteuerten Aussagen geglaubt, dass er mit der Gründung von facebook einen ernst gemeinten Beitrag zum Wohle der Gesellschaft habe leisten wollen. Wieso auch? Zuckerberg ist Geschäftsmann und nicht Philosoph oder Politiker. Sein Geschäftsmodell heißt "Spy and Sell": Daten ausspionieren, sammeln und verkaufen.

Mit der Weitergabe von Daten schien Mark Zuckerberg von Beginn seiner IT-Karriere an kein Problem zu haben, wenn man Berichten glaubt. So soll der damalige Harvard-Student bereits 2004 einem Freund angeboten haben, ihm jede gewünschte Information über seine KommilitonInnen zu beschaffen, da er über die Daten von über 4000 MitstudentInnen verfüge.

Er soll diese Personen "dumb fucks" (Volldeppen) genannt haben, weil sie ihm ihre Daten "einfach so" zur Verfügung gestellt hätten und ihm vertrauen würden (Business Insider, 13.05.2010).

Hat sich an dieser Menschen verachtenden Einstellung bis heute etwas geändert? Wahrscheinlich nein, trotz aller Auftritte im Fernsehen im obligatorischen T-Shirt, im jungenhaften, bescheidenen Look und trotz der Beteuerung, die Welt verbinden zu wollen. Auch diese Auftritte sind eine Marketing-Strategie, die den facebook-Fans vermitteln soll, dass er einer von ihnen ist.

Noch ein Nachtrag zum Thema Vertrauen: Laut CNN gibt es 83 Millionen gefälschte Profile auf Facebook.

Das Geschäftsmodell heißt "Spy and Sell"

Mit diesem Modell ist Marc Zuckerberg gemäß der Forbes-Liste 2018 mit einem Vermögen von ca. 71 Milliarden US-Dollar auf dem fünften Platz der reichsten Menschen der Welt gelandet (https://de.wikipedia.org/wiki/Mark_Zuckerberg).

Bis zum heutigen Tag hat ca. ein Viertel der gesamten Menschheit facebook seine Daten anvertraut, einer Plattform, deren einziges Ziel es ist, die Vorlieben und geheimen Wünsche seiner UserInnen auszuspionieren, um dann daraus komplette Persönlichkeitsprofile zu erstellen und mit ihnen Handel zu betreiben – egal, ob es um Geld oder Wählerstimmen geht, und auch egal, ob sie dann auch tatsächlich anonymisiert werden, wie facebooks Geschäftsführerin Sheryl Sandberg betont.

2017 hat facebook rund 40 Milliarden US Dollar Umsatz aus Werbung generiert, mit einem Nettogewinn (Stand 2017) von 15,934 Miliarden US Dollar (Quelle Facebook Reports Fourth Quarter and Full Year 2017 Results). Da wird selbst Google blass!

Warum ist dieses Unternehmen so erfolgreich, fragt sich so manch einer? Aus meiner Sicht besteht die Genialität von facebook in einem ganz einfachen Mechanismus, vielleicht so zu erklären: Dadurch, dass wir Menschen uns als Staubkorn im Weltall sehen, können wir - dank facebook - mit allen anderen Staubkörnchen in Verbindung stehen, wenn wir nur unsere persönlichen Daten an die Plattform verschenken. Wir überlegen dabei nicht, dass dahinter steckt, dass diese Daten gesammelt und dann verkauft werden, um wiederum über gezielte Werbung Geld an uns zu verdienen.

In Europa sind über 307 Millionen Menschen auf facebook. Demographisch gesehen sind die NutzerInnen im Alter von 25 bis 34 mit 29,7% die größte Gruppe.

Jan Fleischhauer schrieb auf Spiegel Online am 30.03.2018. „Ich halte facebook für das größte Drecksunternehmen, das es gibt, um es klar zu sagen. Dagegen sind selbst ein Ölkonzern wie ExxonMobile oder ein Saatgutproduzent wie Monsanto hochrespektable Unternehmungen.“ (Zitat aus „Facebook: Wenn schon Handelskrieg, dann richtig“!)

Denn dass auf jeden Fall Daten zugeordnet und missbraucht werden können, zeigt der jüngste Skandal im Zusammenhang mit der britischen Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica, die sich über eine App unerlaubt Zugang zu den Daten von mehr als 50 Millionen Profilen von facebook-NutzerInnen verschafft hatte.

Was haben seriöse Unternehmen und Medien auf facebook zu suchen? Bei "State of Inbound Marketing" gaben 2012 42% der Vermarkter an, dass facebook für ihr Unternehmen wichtig, wenn auch kritisch zu sehen sei, weil es ein überfüllter Marktplatz sei. Aber sie könnten und wollten es sich dennoch nicht leisten, darauf zu verzichten, weil ihre Konkurrenz ja auch dort präsent sei und man wettbewerbsfähig bleiben müsse.

Das macht dann auch verständlich, wieso traditionelle öffentlich rechtliche Medien wie Tagesschau.de und 3Sat.de so aktiv auf facebook unterwegs sind. In Kulturzeit war kürzlich zu sehen und zu hören, dass man das Engagement auf facebook zwar diskutiere, aber auf jeden Fall erst einmal die Präsenz dort aufrecht erhalten wolle, ganz klar wegen der jungen Menschen, die man sonst angeblich nicht erreichen würde. Für die öffentlich rechtlichen Medien bedeutet das, dass Glaubwürdigkeit der Medienpräsenz auf facebook geopfert wird. Dabei zu sein ist also wichtiger, als authentisch, kritisch und kreativ zu sein. Im ADR-Verbund etwas prickelndes Digitales auf die Beine zu stellen, das diese facebook-Zielgruppe erreichen würde, wurde bis heute verpennt, so wie vieles andere.

In jedem Forum und Online-Portal, das ich kenne, gelten Regeln, die ich als UserIn einzuhalten habe (die sog. Netikette). Verstöße dagegen können zur Löschung des Accounts führen. Selbstverständlich werden Postings auf diesen Foren und Online-Portalen vor Veröffentlichung gelesen, geprüft und genehmigt, wenn sie nicht gegen die Regeln verstoßen. Postings mit Hassinhalten und Diskriminierung werden deshalb abgelehnt und auf keinen Fall veröffentlicht. Wenn ein Unternehmen sich dieser Vorgehensweise verweigert, dann agiert es außerhalb jeder sozialen Verantwortung und verdient deshalb den Titel „Sozial Media“ nicht! Bei dem gigantischen Gewinn, den facebook macht, müsste es doch ein Leichtes sein, ausreichendes Personal zur Betreuung der Plattform zu finden.

Facebook ist eine US-amerikanische Datenkrake, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene vereinnahmt und damit sehr viel Geld verdient. Bisher sind alle Versuche, dieses Ungeheuer zu regulieren, gescheitert.

Nein zu facebook!

Wir sind alle mitverantwortlich, wenn wir Hass und Diskriminierung unseren Mitmenschen gegenüber widerstandslos und gleichgültig hinnehmen oder sogar akzeptieren (siehe auch den Artikel über Irmela Mesa Schramm in diesem Portal).

Nein, facebook ist ein Geschäftsmodell und hat mit einem „sozialen" Medium nichts zu tun! Aus meiner Sicht sollte jede/r, die/der noch auf facebook ist, ernsthaft darüber nachdenken, ob sie/er den Account nicht löschen und sich stattdessen wieder mit realen Freunden über E-Mail oder Messenger etc. austauschen will.

Wenn auf facebook rassistische Hetze gegen ein Werbeplakat der DAK mit einem schwarz-weißen Pärchen, das ein Baby erwartet, ohne Prüfung eingestellt werden kann, dann ist das ein Angriff auf unsere Gesellschaft, und diese verachtende Vorgehensweise von facebook darf nicht weiter toleriert werden (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/facebook-hetze-philipp-awounou-wurde-opfer-eines-shitstorms-a-1200301.html)!

Aus diesem und den vielen anderen guten Gründen sollten sich die öffentlich rechtlichen Medien wie z.B. Tagesschau.de und 3Sat.de ein Beispiel an Mozilla (Firefox) nehmen und ihre Werbeaktivitäten auf facebook sofort einstellen.

Mitmachen und den facebook Account löschen!
Werbung auf facebook kündigen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen!

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