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Ideentausch Poll

Ideentausch Poll

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4.7

Ein neues Konzept Verein 3.0. Kein Kassierer, keine Mitgliederverwaltung, keine Satzung, kein Vorstand, keine festen Strukturen. Nur Ideen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehrenamtlich einbringen wollen. Kann das funktionieren?

Die Ideengeberin für den Hof und Garagenflohmarkt wird angesichts der ca. 120 TeilnehmerInnen und über Tausend BesucherInnen in 2018 begeistert sagen: „Ja, es läuft sehr gut an!“

Der Ideengeber für den Bürgergarten, an dem sich zur Zeit ca. 60 Bürgerinnen und Bürger beteiligen,  ist von der Resonanz, die so nicht erwartet wurde, überwältigt.

Aber der Reihe nach. Was stand am Anfang? Der Ideengeber Vincent Wind, der als Konzeptentwickler Vereine und Organisationen berät, hatte die Idee, eine völlig neue Form von Bürgergemeinschaft auf die Beine zu stellen. Hier ist das Interview, das Klaus mit ihm geführt hat:

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K.S.
Herr Wind, wie war der Anfang? Mit welchen Ideen wurde der IdeenTausch auf den Weg gebracht?

V.W.
Mein Konzept bestand aus der Idee, eine informelle Bürgergemeinschaft ohne feste oder statische Strukturen - also keinen neuen Verein und auch keine feste Gruppe welche auch kein Geld benötigt - mit [1]Kollektiver Intelligenz, bzw. Gruppen- oder Schwarmintelligenz, zu initiieren.

Flyer mit einer Einladung zu einem ersten Treffen, eine Ideenkarte und eine Kontaktliste waren die Werkzeuge, die ich dafür benutzte. Die Flyer habe ich in Poll verteilt, und zum ersten Treffen kamen ca. 20 Bürgerinnen und Bürger. Nach der Vorstellung meiner Idee für eine Bürgergemeinschaft IdeenTausch Poll, wurden die Ideenkarten verteilt. Jeder, der eine Idee aufgeschrieben hatte, erhielt sodann die Möglichkeit, diese der Gruppe vorzustellen.

K.S.
Aus meine Erfahrungen ist es doch so, dass, wenn Menschen als Gruppe zusammen kommen, die möglicherweise vorher noch nichts mit einander zu tun hatten, dann kommt doch sofort Kritik oder Flappsigkeiten auf. So nach dem Motto: "Das ist aber eine blöde Idee!" War dem nicht so?

V.W.
Ja, es war auch so, weswegen ich nochmals darauf hingewiesen habe, dass an erste Stelle beim IdeenTausch die Einsicht steht, dass man keine Idee kritisieren oder bewerten soll. Alle Ideen, die nicht gegen Ethik und Gesetze verstoßen, werden genommen und veröffentlicht.

K.S.
Wer entscheidet über die eingebrachten Ideen?

V.W.
Die Antwort ist praktisch das Herz vom IdeenTausch. Und sie lautet: Niemand. Niemand ist qualifiziert, Ihre Ideen zu beurteilen. Es könnte ja auch sein, dass Ihre Idee unserer Zeit voraus ist und wir das nicht erkennen können. Daher geht es beim IdeenTausch nicht um eine Entscheidung über eine Idee, sondern um die Vernetzung von Leuten, die eine Idee gut finden. Manchmal genügen schon 2-3 Nachbarn, um eine kleine Idee umzusetzen. Es gab auch mal eine Idee, woran sich mehr als hundert Nachbarn aus dem Veedel beteiligt haben. Auf die Idee kommt es dabei an.

K.S.
Wer setzt die Ideen um? Wer finanziert sie?

V.W.
Die Ideengeberin oder der Ideengeber ist der Hauptimpuls für eine Idee. Daher koordinieren sie eigenständig die Umsetzung und die Finanzierung ihrer Ideen. Dabei können sie je nach Idee auf die Unterstützung aus der Nachbarschaft, auf Förderer, Verbände, Einrichtungen oder die Stadt hoffen. Kommerzieller Nutzen unter dem Dach vom IdeenTausch ist nicht zulässig.

K.S.
Welche Rechtsform hat IdeenTausch?

V.W.
IdeenTauschist ein Konzept und kein Organ, also weder ein Verein noch eine Firma.
Daher kann genau genommen auch keiner für alle Ideen vom IdeenTausch sprechen.
Für alle Aufgaben haben bestimmte Personen aus der Nachbarschaft die Arbeit übernommen und können entsprechende Fragen qualifiziert beantworten. Und für einzelne Ideen kann man sich an die jeweiligen IdeengeberInnen wenden. So betrachtet bin ich für die Idee der Ideengeber und Ansprechpartner.

K.S.
Welche Rolle spielt die Kirche bei dem IdeenTausch?

V.W.
Keine.

K.S.
Worum geht es, um miteinander machen, oder um Einflussnahme, oder um beides?

V.W.
Es geht uns darum, als Nachbarschaft Ideen zu sammeln und zu realisieren, um Poll gemütlicher zu machen.

K.S.
Kann IdeenTausch Poll als Modell für andere Kölner Stadtteile dienen?

V.W.
Eindeutig ja! Aus der Erfahrung die wir bis jetzt sammeln konnten, kann IdeenTausch Poll durchaus als Modell dienen, wenn es sich bei einer neu zu bildenden Bürgergemeinschaft um etwas Überschaubares handelt, wie z.B Köln Brück oder Köln Sülz. Was ich sagen will: Es macht wenig Sinn, z.B. IdeenTausch Porz mit solch einer großen Fläche und vielen Stadtteilen wie Porz-Lind oder Porz-Urbach - um nur einige zu nennen - auf den Weg zu bringen.

K.S.
Würden Sie eine Ideengeberin oder einen Ideengeber für eine NEUE-IdeenTausch Bürgergemeinschaft unterstützen? Und wenn ja, was müsste solch eine Person mitbringen, und was könnte sie erwarten?

V.W.
Es würde uns außerordentlich freuen, wenn wir eine Ideengeberin oder einen Ideengeber beim Start unterstützen könnten. Da das Konzept von IdeenTausch sehr einfach ist, sind die Anforderungen auch nicht hoch. Wenn jemand uns seine Idee einer neuen Bürgergemeinschaft vorgestellt hat, dann stellen wir auf Wunsch ein Subdomain, z.B. eiler.ideentausch.org, und eine Kopie unsere Website http://poller.ideentausch.org/ als Starthilfe kostenlos zu Verfügung.  

K.S.
Herr Wind, ich bin sehr begeistert von Ihrer Idee zum IdeenTausch und Ihrer sehr großzügigen Unterstützung für Menschen, die sich ehrenamtlich in einer Bürgergemeinschaft einbringen wollen.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, meine Fragen zu beantworten und viel Erfolg in der Zukunft.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Kollektive_Intelligenz

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