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Corona und kein Ende

Corona und kein Ende

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Im dritten Jahr der Pandemie haben sich zwar die Namen der Coronavarianten geändert; das Chaos in der Politik aber ist gleich geblieben. Nach dem Maskendesaster, das daraus entstand, dass es keine gab und sie daher schlecht geredet wurden (was einer gezielten Täuschung gleichkam), gab es das Impfstoff-Desaster, das daraus entstand, dass der Bedarf nicht richtig eingeschätzt und zu wenig bestellt wurde. Die fehlende Vorbereitung im Frühjahr und Sommer 2021 in allen Bereichen (Schule, Wirtschaft, Gesundheitsämter) auf die Herbstwelle war die nächste Panne, ganz zu schweigen von der Uneinigkeit der politischen Amtsträger bezüglich der geeigneten Anti-Corona-Maßnahmen während der letzten Bundesregierung. Dann kam das Vakuum der Übergangszeit alte zu neuer Regierung und der absoluten Vernachlässigung der Corona-Situation.

Und nun gibt es zwar eine neue Regierung, die wohl Einiges besser in die Hand genommen hat als die vorherige (z. B. Gründung eines Expert:innenrats, Ernennung eines fachkundigen Gesundheitsministers), aber das Chaos setzt sich fort. Trotz besserer Koordination der MPKs rufen gerade die einen nach mehr Lockerung, die anderen warnen vor Verschlimmerung der Lage. Wie gehabt also. Schon wieder keine Einigkeit, was wieder einmal die Glaubwürdigkeit in die politischen Strukturen schädigt.

Diesmal steht wohl weniger das Gesundheitssystem als das System Schule und Bildung am Rand der Belastungsgrenze; nach wie vor fehlende Lüftungsanlagen, Lehrer:innenmangel, keine Notfallpläne, digitales Durcheinander, Unterricht, der laut einem ZeitOnline-Artikel vom 31.01.2022 zu 75% aus Krisenintervention besteht. Seit Beginn des Schuljahrs steigt die Zahl von kranken Kindern (von Durchseuchung unserer Kinder ist die Rede) und von zunehmendem erkranktem Lehrpersonal. Hinzu kommen die fehlenden Tests und Testkapazitäten. Letzteres ist besonders gravierend. Es entsteht schon wieder der Verdacht, dass auch in dieser Frage bewusst getäuscht wird, indem der Gesundheitsminister auf einmal behauptet, die Schnelltests seien o.k., während diese bisher keinen so guten Ruf hatten.

Unterschiedliche Einschätzungen der Expert:innen zum Thema endemischer Zustand trägt ebenfalls zur Verunsicherung bei. Der endemische Zustand wäre wünschenswert, denn er würde bedeuten, dass wir mit Corona so ähnlich wie mit einer Grippe leben lernen. Die einen sehen ihn bereits am Horizont; die anderen befürchten neue Varianten, die diesen zunichte machen und die zu zusätzlichen Belastungen unseres Gesundheitssystems führen könnten.

Was aber wohl bei dieser ganzen Problematik immer wieder in Vergessenheit zu geraten scheint, ist, dass die Pandemie erst vorbei ist, wenn sie weltweit vorbei ist. Denn neue Varianten entstehen da, wo besonders viele ungeschützte und ungeimpfte Menschen sind. Dem Anspruch, der von der WHO sehr eindringlich und ziemlich bald nach Ausbruch der Pandemie verkündet und erhoben wurde, allen Menschen auf der Welt den Impfschutz angedeihen zu lassen, konnte bisher kaum entsprochen werden. Während in Europa und in vielen anderen Ländern große Teile der Bevölkerung bereits eine dritte Impfung erhalten haben, ist es anderenorts nur ein Bruchteil; in Afrika scheinen die Menschen in manchen Gegenden sogar völlig ungeimpft zu sein. In dieser Grafik, die laufend aktualisiert wird, lässt sich dies deutlich veranschaulichen.

Woran liegt das? Hat das mit dem Patentschutz zu tun, das nicht auch dort Impfstoff produziert wird? Oder mit fehlenden Produktionskapazitäten? Oder hat es mit dem Desinteresse der Länder, die über den Impfstoff verfügen, zu tun, dass sie sich nicht stärker engagieren? Oder mit der fehlenden Infrastruktur, die es ermöglichen würde, den Impfstoff an die Frau und an den Mann zu bringen? Wieso wird daran nicht intensiver gearbeitet? Denn es müsste doch auch im eigenen Interesse der reichen Länder liegen, den Impfschutz weltweit voranzutreiben!

Ein weiteres großes Problem in der ganzen "pandemischen Lage" ist aber meines Erachtens ein fehlendes Vermittlungskonzept, eine durchdachte, zielgruppengerechte und mitfühlende Kommunikationsstrategie. Das wird schon lange beklagt. Wieso tut sich da nichts Besseres als die blutleeren Schilder "Impfen hilft", die Kanzler Scholz einmal kurz in die Kamera hielt? So informativ, wie die Einlassungen von RKI-Chef Wieler und Gesundheitsminister Lauterbach nach dem Motto "Einschläfern statt aufklären" sein mögen, wo bleiben die zündenden Fernseh-Spots, die gezielte Video-Impfkampagne auf den sozialen Medien, die eindringlichen Podcasts im Radio? Wo sind die Plakate "Gib Omikron keine Chance"? Die Aids-Kampagne der Achziger hat viel bewirkt; die bisherige Kommunikation über Corona ist verwirrend und kontraproduktiv.

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